Stellungnahme des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e.V.
im Rahmen der Verbändeanhörung zum Referentenentwurf eines Gesetzes zum Bürokratierückbau in der Gewerbeordnung und zur Aufhebung von Berichtspflichten
Wir bedanken uns für die Gelegenheit, zum Referentenentwurf Stellung nehmen zu dürfen. Diese Gelegenheit nehmen wir gerne wahr und äußern uns im Folgenden in gebotener Kürze.
Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung vertritt die Interessen von ca. 40.000 unabhängigen Finanzanlagen- und Immobiliardarlehensvermittlerinnen und -vermittlern sowie Versicherungsmaklerinnen und -maklern aus ca. 2.200 Mitgliedsunternehmen, der größte Teil hiervon kleine und mittlere mittelständische Unternehmen. Zahlreiche unserer Mitglieder sind auch als Immobilienmakler und Wohnimmobilienverwalter gemäß § 34c GewO tätig. Weitere Mitglieder im AfW Bundesverband Finanzdienstleistung sind u.a. auch Maklerpools, Maklerverbünde, Versicherungsgesellschaften und Serviceunternehmen für unabhängige Berater und Vermittler.
In unserer Stellungnahme konzentrieren wir uns auf Artikel 1 dieses Gesetzes, die Änderung der Gewerbeordnung.
Im Detail
Natürlich begrüßen wir Entbürokratisierung. Wie könnte man auch dagegen sein, wenn Effizienzen verbessert werden sollen, ohne Sinn und Zweck einer Regelung und Qualitätsanforderungen aus den Augen zu verlieren?
Mit diesem Gesetzentwurf soll jedoch keine Bürokratie, sondern die regelmäßige Pflicht zur Weiterbildung von Immobilienmaklern und Wohnimmobilienverwaltern nach § 34c Abs. 2a der Gewerbeordnung aufgehoben werden. Der AfW kritisiert diese Streichung und fordert, die Weiterbildungspflicht für beide Berufsgruppen beizubehalten. Unsere Position begründen wir dabei wie folgt – fügen am Ende aber auch zwei eigene Vorschläge zum wirklichen Bürokratieabbau an:
- Weiterbildung ist kein Bürokratieinstrument, sondern ein Pfeiler der Qualitätssicherung
Die Einstufung der Weiterbildungspflicht als „entbehrlich“ im Sinne des Bürokratieabbaus verkennt den eigentlichen Sinn und Zweck dieser Maßnahme. Weiterbildung dient nicht der Regulierung um ihrer selbst willen, sondern ist ein elementares Instrument der Qualitätssicherung. Sie stellt sicher, dass Immobilienmakler und Wohnimmobilienverwalter in einem komplexen und dynamischen Rechts- und Marktumfeld über aktuelles Fachwissen verfügen – zum Schutz der Verbraucher und im Interesse eines funktionierenden Marktes. Gerade angesichts des derzeitigen dysfunktionalen Mietimmobilienmarktes würden die Bemühungen der Bundesregierungen vergangener Legislaturperioden, Mieter vor unqualifizierter Tätigkeit von Immobilienmaklern zu schützen, zunichte gemacht. Im Bereich der Wohnimmobilienverwaltung zeigen aktuelle Studien (z.B. vom Mieterbund oder Plattformen wie Mineko), dass ca. 70-90% der Nebenkostenabrechnungen fehlerhaft sind. Und das trotz der heutigen Weiterbildungsverpflichtungen. Vereinfachungen und Entbürokratisierung sollte daher nicht bei der Streichung der Weiterbildungsverpflichtung ansetzen, sondern bei der Vereinfachung von täglichen Arbeitspflichten in diesen Branchen.
- Fehlende Berufseingangsqualifikation bei Maklern – Weiterbildung ist einziger Standard
Für Wohnimmobilienverwalter wurde durch die WEG-Reform eine Sachkundeprüfung (§ 26a WEG) eingeführt. In der Gesetzesbegründung heißt es auf Seite 14: „Wohnungseigentümer sind bereits ausreichend durch das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) vor unqualifizierten Wohnungseigentumsverwaltern geschützt. Nach § 19 Absatz 2 Nummer 6 WEG gehört die Bestellung eines zertifizierten Verwalters seit dem 01.12.2023 zur ordnungsgemäßen Ver-waltung des gemeinschaftlichen Wohneigentums.“ Bei Immobilienmaklern fehlt jedoch nach wie vor eine vergleichbare verpflichtende Einstiegshürde.
Für Immobilienmakler fehlt eine vergleichbare Begründung. Weil es sie schlicht nicht gibt.
Die Weiterbildungspflicht ist hier das einzige Instrument zur fachlichen Mindestqualifikation. Ihre Abschaffung würde wieder gefährliches Qualifikationsvakuum und einen unregulierten Immobilienmaklermarkt mit allen seinen Nachteilen für die Verbraucher schaffen.
Im Bereich der Wohnimmobilienverwalter berichten uns Mitglieder unseres Verbandes, die als Prüfer bei der Zertifizierung nach § 26a WEG tätig sind, dass die Zertifizierungsprüfung eine Verbesserung der durchschnittlichen Grundkenntnisse gebracht hat. Aktualisierungen und ständige rechtliche Veränderungen jedoch nicht durch die einmalige Zertifizierung abgedeckt sein können. Gerade im Bereich der Rechtsprechung zur Immobilienverwaltung ist viel Weiterbildungsaufwand notwendig, damit es nicht zu systematischen Fehlern in der Verwaltung kommt (vgl. o.g. Hinweis auf hohe Fehlerquoten in der Nebenkostenabrechnung).
- Verbraucherschutz und Beratungsqualität stehen auf dem Spiel
Immobilienkäufe und -vermietungen gehören zu den zentralen finanziellen Entscheidungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Fehlberatung kann hier zu gravierenden wirtschaftlichen Nachteilen führen. Die Sicherung einer hohen Beratungsqualität ist daher essenziell – sowohl aus Sicht des Verbraucherschutzes als auch im Sinne der Funktionsfähigkeit des Immobilienmarktes. Gerade in diesen beiden Märkten, der durch Klein- und Kleinstunternehmen geprägt ist, kann nicht von einer regelmäßigen Qualifikation aller Beteiligten ausgegangen werden, wie sie zum Beispiel in Großunternehmen mit eigenen Personalentwicklungsabteilungen durchgeführt wird.
Eine regelmäßige Weiterbildungsverpflichtung trägt somit bei Klein- und Kleinstunternehmen unzweifelhaft zu einer erhöhten Beratungsqualität bei. - Asymmetrien im Wettbewerb: Immobilienmakler vs. Versicherungsvermittler
Ein Abbau der Weiterbildungspflicht würde erhebliche Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten unserer Mitglieder schaffen, die in der Versicherungsvermittlung tätig sind. Versicherungsvermittler nach § 34d GewO unterliegen weiterhin einer strengen Weiterbildungsverpflichtung (§ 34d GewO i.V.m. VersVermV), was die Branche insgesamt begrüßt und nicht in Frage stellt. Diese beträgt im Übrigen bereits heute mit 15 Stunden p.a. ein Mehrfaches der zur Disposition stehenden Weiterbildungsverpflichtung von Immobilienmaklern und Wohnimmobilienverwaltern. Diese asymmetrische Regulierung würde einen fairen Wettbewerb unterbinden („Level-Playing-Field“) und qualitätsorientierte Anbieter benachteiligen. - Kostenargument nicht überzeugend – Weiterbildung ist bezahlbar
Der in der Gesetzesbegründung genannte Erfüllungsaufwand für Weiterbildung liegt im Bereich von rund 430 Euro pro Jahr und Person. Diese Kosten (incl. kalkulatorischem Arbeitslohn) sind aus Sicht des AfW im Verhältnis zur Bedeutung der Weiterbildung als Qualitäts- und Vertrauensfaktor absolut vertretbar. Die vollständige Abschaffung einer etablierten Regulierungsmaßnahme zur Einsparung geringfügiger Aufwendungen halten wir für nicht sachgerecht.
Vorschläge zur Entbürokratisierung
- Digitalisierung statt Abschaffung – Vorschläge zur Vereinfachung
Statt die Weiterbildungspflicht abzuschaffen, sollte der Prozess des Nachweises gegenüber den zuständigen Stellen digitalisiert werden. Die Möglichkeit eines direkten Datentransfers zwischen Bildungsanbietern und den Aufsichtsbehörden über eine Schnittstelle ist technisch längst möglich und wird zum Beispiel in anderen EU-Ländern (vgl. z.B. Niederlande) bereits erfolgreich umgesetzt. Eine Schnittstellenlösung würde den Nachweis automatisieren und die tatsächlichen Verwaltungsaufwände für die Makler und Verwalter drastisch minimieren – ohne die Weiterbildungsverpflichtung selbst zu streichen und die Dienstleistungsqualität zu mindern. - Gegenseitige inhaltliche Anerkennung
Zusätzlich regen wir eine gegenseitige Anerkennung von Weiterbildungsmaßnahmen zwischen den Tätigkeitsfeldern der Immobilienmakler und Wohnimmobilienverwalter an, um Synergien zu nutzen und Redundanzen zu vermeiden. Auch diese Maßnahme würde Aufwand reduzieren, ohne Qualität aufzugeben.
Schlussbemerkung
In dem Referentenentwurf wird unter Punkt C. „Alternativen“ als Antwort gegeben: Keine.
Das ist so nicht korrekt
Unsere Anregung einer digitalen Übermittlung der Weiterbildungsnachweise ist eine bürokratieabbauende Alternative par excellence.
Selbstverständlich stehen wir im weiteren Gesetzgebungsprozess gerne beratend oder mit Informationen zur Seite.
Berlin, 22. Oktober 2025
