18. Juli 2025

AfW Hauptstadtgipfel 2025 Altersvorsorge-Reformpaket gilt ab 2026, Riester- und Frühstart-Rente brauchen mehr Zeit!

Bereits zum 22. Mal brachte der AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen Entscheider aus der Politik mit Entscheidern aus der Finanzdienstleistungsbranche zusammen. Auf der Agenda stand die geplante Reform der privaten Altersvorsorge und zahlreiche damit verbundene offenen Fragen.

Rund 55 Fördermitglieder und Kooperationspartner des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung waren der jährlichen Einladung nach Berlin gefolgt. Üblicherweise im November, hatte der AfW das Gipfeltreffen diesmal in den Juli verlegt und mehr Glück bei der Terminwahl. Denn im Vorjahr zerbrach die Ampelkoalition wenige Stunden nach dem Hauptstadtgipfel und viele Aussagen der Politiker zur anstehenden Regulierung der Altersvorsorge wurden dadurch schnell obsolet.

SPD: Rentenpaket im September, Generationenkapital wird nicht weiterverfolgt

Erstmals stellte sich Michael Thews, neuer Berichterstatter der SPD für das Thema private Altersvorsorge im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags, den Fragen der versammelten Branchenentscheider. Er bekräftigte, dass die schwarz-rote Koalition im September ein neues Reformpaket beschließen möchte, dessen Regelungen teilweise an die Vorarbeiten der letzten Legislatur anschließen und ab 1. Januar 2026 gelten sollen. Dazu gehören die Absicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent, die Aufhebung des Vorbeschäftigtenverbots und die sogenannte Aktivrente, die Menschen dazu motivieren soll, aufgrund eines Steuerfreibetrags von 2.000 Euro über ihr Renteneintrittsalter hinaus länger zu arbeiten.

“Die Frühstart-Rente soll noch diesen Herbst im Kabinett beschlossen werden. Für die organisatorische Umsetzung benötigen wir allerdings mehr Zeit. Einen Zeitplan für die Riester-Reform gibt es bislang noch nicht. Die Mütterrente soll 2027 kommen”, sagte Thews. Die Frühstart-Rente sieht vor, dass Schüler zwischen dem 6. und der Vollendung des 18. Lebensjahres eine Förderung von 10 Euro für ihre Altersvorsorge erhalten. “Wie kann man steuerfrei aufstocken? Und wie und wann wird das Kapital ausgezahlt?”, nannte Thews beispielhaft zwei der noch zu klärenden Fragen.

Auf die Frage nach dem nicht umgesetzten Generationenkapital der FDP aus der letzten Legislatur bedauerte Thews, dass die bereits geleistete Vorarbeit in diesem Bereich aktuell nicht weiterverfolgt wird. Geplant war, einen kleinen Teil der gesetzlichen Rente vom umlagefinanzierten auf ein kapitalbasiertes System umzustellen. Die SPD war hier gegen den Vorschlag, den staatlichen KENFO-Fonds mit ca. 8 Prozent jährlicher Rendite vollständig zu verlassen und das System auf Aktienbasis umzustellen, weil dies als zu unsicher empfunden wurde. Thews hält es jedoch für möglich, dass eine solche Diskussion in der Zukunft wieder aufgenommen wird, insbesondere, wenn die Frühstart-Rente erweitert wird.

CDU: Mehr Flexibilität bei Riester, komplexe Fragen bei Frühstart-Rente

Auch Carsten Brodesser, CDU-Mitglied im Finanzausschuss, bedauerte, dass der Ampel-Referentenentwurf inklusive des Generationenkapitals nicht mehr verabschiedet werden konnte, die Union hätte die Vorschläge nahezu vollständig unterstützt. Er begrüßte die Frühstart-Rente. “Sie bietet u.a. die Chance, Finanzbildung in Schulen zu etablieren, idealerweise mit einer begleitenden App, die spielerisch Finanzwissen vermittelt”, so Brodesser. Die Koordination mit den Kultusministerien sei dabei allerdings notwendig. Besonders wichtig: “Die Frühstart-Rente darf kein Monolith werden, der bei Erreichen der Volljährigkeit nicht mehr gefördert wird und in Vergessenheit gerät. Die Reform der Riester-Rente muss gleichzeitig angepackt werden. Dass sie im Reformpaket für September nicht enthalten ist, ist unklug”, so Brodesser.

Der CDU-Finanzexperte beklagte, dass in dieser Frage faktisch seit 2017 nichts passiert sei, obwohl die Notwendigkeit zur Reform bereits damals erkannt wurde und nannte die Mängel beim Namen: Die Beitragsgarantie werde als schädlich, das Zulagensystem als hochbürokratisch und nicht zum Wohle des Sparers empfunden. Brodesser plädierte daher für ein breiteres und proportionales Zulagensystem (“Jeder Euro gibt X Cent Zulage”). Außerdem sprach sich der Fachpolitiker für eine Vereinfachung der Geschäftsprozesse und mehr Flexibilität bei der Auszahlung aus. Ein möglicher Verzicht auf die Verrentungspflicht ermögliche Teilzahlungen und könne Produkte attraktiver machen.

Um die Frühstart-Rente nahtlos in die private Altersvorsorge zu integrieren, sollte der Kreis der Riester-Berechtigten auf alle Steuerpflichtigen ausgeweitet werden. Brodesser wies zudem auf zahlreiche komplexe Fragestellungen hin. So erfordere der Nachweis des Wohnsitzes in Deutschland sowie über den Schulbesuch der Begünstigten eine Abstimmung mit den Bundesländern. Die Möglichkeit zusätzlicher Beiträge von Eltern oder Verwandten und deren steuerliche Behandlung seien komplex und tangierten womöglich weitere Steuerfragen. Und: “Eine Kostendeckelung für die Frühstart-Rente könnte auch die Riester-Förderung betreffen und zu Provisionsdeckelungen führen, die Vertrieb und Beratung gefährden”, warnte Brodesser.

B‘90/Die GRÜNEN: Vertrauen in unabhängige Beratung stärken

Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, war als Vertreterin der Opposition eingeladen. Die Politikerin wies auch auf Errungenschaften der Ampel hin, so sei im Rahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes die Schwelle für das zu versteuernde Einkommen von 20.000 auf 40.000 Euro angehoben worden, um mehr Menschen den Vermögensaufbau zu ermöglichen und ein „Mindset“ zum Sparen schaffen.

Auch sie bedauerte, dass die stärkere Einbeziehung des Kapitalmarktes in der ersten Schicht der Altersvorsorge mit der Idee des Generationenkapitals nicht verabschiedet werden konnte. Beck lobte die Einführung der Frühstart-Rente als “gute Idee“, um zumindest einen kleinen Puffer für Krisenphasen zu schaffen und vor allem die Einstellung zur privaten Zukunftsvorsorge zu ändern. Sie bejahte zudem die Notwendigkeit, das Vertrauen der Bevölkerung in unabhängige Vermittler zu stärken. „Ich bin offen dafür, über Themen wie die Transparenz bei Courtagen zu sprechen, um dieses Vertrauen wiederherzustellen“, sagte Beck.

Die grüne Politikerin, die in ihrer Partei die Position einer verantwortlichen Person für Vermögensaufbau innehat, sprach auch über Nachhaltigkeitsfragen. So kritisierte sie unter anderem, dass europäische Regulierungen etwa bei der Klimadaten-Erfassung zu einem Bürokratiekonvolut geworden sind, das ursprünglich gute Ziele wie vergleichbare Daten und Anreize konterkariert und am Ende teurer wird. Beck vermisst den „Zukunftsgeist“ bei der Regierung und das Anpacken von Klimaschutz als Aufbruch. Sie möchte Nachhaltigkeit wieder mit Freude und Aufbruch verbinden.

Politiker suchen mittlerweile aktiv Feedback aus der Branche

Der AfW begrüßte die umfangreichen Auskünfte der Politiker zu den anstehenden Änderungen bei der Altersvorsorge. „Wir sehen es mit großer Freude, dass die Finanzexperten der Parteien unsere Mitglieder mittlerweile aktiv zu Feedback auffordern und sehr gerne zu unseren Events, um sich Informationen aus erster Hand zu beschaffen“, betonte Frank Rottenbacher, Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen.

Die anstehenden Gesetzesvorlagen begleitet der AfW wie üblich mit Fachkompetenz und konstruktiver Kritik. „Das Generationenkapital ist zwar gescheitert, aber alle drei Finanzexperten haben es vom Prinzip her befürwortet. Wir haben die Hoffnung, dass es mittelfristig noch nicht vom Tisch ist“, so Rottenbacher.

Der 22. AfW-Hauptstadtgipfel fand als Präsenzveranstaltung im Steigenberger Hotel am Kanzleramt in Berlin statt. Rund 55 AfW-Fördermitglieder und Kooperationspartner waren vertreten und bereicherten die Diskussion mit direkten Erkenntnissen aus Ihrer Berufspraxis. Insgesamt gehören ca. 100 Fördermitglieder und Kooperationspartner dem AfW an.
Weitere Informationen unter: https://www.bundesverband-finanzdienstleistung.de

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AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e. V.

AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. , gegründet 1992, vertritt über 2.100 Mitglieder und Mitgliedsunternehmen sowie rund 40.000 Versicherungs-, Investment- und Immobiliardarlehensvermittler. Er ist ein akkreditierter Gesprächspartner beim Deutschen Bundestag und dem Europäischen Parlament und setzt sich für die Interessen der unabhängigen Finanzberater ein.