1. August 2025

Elementarschadenversicherungspflicht: Vermittlerinnen und Vermittler zeigen differenzierte Haltung

Die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 hat auf drastische Weise gezeigt, wie verwundbar selbst dicht besiedelte Regionen in Deutschland gegenüber Extremwetterereignissen sind. Mit dem Klimawandel steigen Häufigkeit und Intensität von Starkregen, Überschwemmungen und Erdrutschen – während ein erheblicher Teil der Wohngebäude weiterhin nicht gegen Elementarschäden abgesichert ist.

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag 2025 klare Maßnahmen angekündigt:
„Wir führen ein, dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit Elementarschadenabsicherung angeboten wird, und im Bestandsgeschäft sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden. Dabei prüfen wir, ob dieses Modell mit einer Opt-Out-Lösung zu versehen ist. Um eine langfristige Rückversicherbarkeit sicherzustellen, führen wir eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden ein. Die Versicherungsbedingungen werden weitgehend reguliert.“
(Z. 2763–2769, S. 86)

Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung hat im Rahmen seines 17. Vermittlerbarometers erhoben, wie unabhängige Vermittlerinnen und Vermittler zu einer solchen Pflichtlösung stehen. Das Ergebnis zeigt eine mehrheitlich zustimmende, aber nicht einheitliche Haltung: 58 Prozent der Befragten sprechen sich für eine Pflichtversicherung aus, 23 Prozent lehnen sie ab, 15 Prozent haben keine feste Meinung und 4 Prozent machten keine Angabe.

Der Vorstoß im Koalitionsvertrag mit einem Opt-out-Modell ist ein kluger Mittelweg“, erklärt Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW. „Er bringt das Thema Elementarschadenversicherung dort auf die Tagesordnung, wo es bislang verdrängt wurde – ohne den Weg der Eigenverantwortung zu verbauen. Wir begrüßen es, dass die Diskussion in Bewegung kommt. Eine solche Regelung kann Bewusstsein schaffen und gleichzeitig die Entscheidungsfreiheit des mündigen Bürgers wahren.“

In der Praxis zeigen Vermittler bereits heute ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein: 86 Prozent der Befragten geben an, im Rahmen der Wohngebäudeversicherung immer auch eine Elementarschadenversicherung anzubieten.

Dennoch bleibt die tatsächliche Nachfrage verhalten. Nur 11 Prozent der Vermittler erleben eine „sehr hohe“ Nachfrage, 31 Prozent eine „hohe“ und 30 Prozent eine „mäßige“. 22 Prozent berichten von geringer oder gar nicht vorhandener Nachfrage.

Diese Diskrepanz zwischen Angebotsverhalten und Kundennachfrage wirft die Frage auf, ob eine gesetzliche Verpflichtung der richtige Weg ist – oder ob stärker in Aufklärung, Prävention und Risikobewusstsein investiert werden sollte. Die im Koalitionsvertrag angekündigte staatliche Rückversicherung und weitgehende Regulierung der Versicherungsbedingungen könnten langfristig zu einer stärkeren Marktakzeptanz führen, werfen aber auch Fragen zur Ausgestaltung und zur Rolle der unabhängigen Vermittlerinnen und Vermittler auf.

Der AfW wird sich weiterhin aktiv in die Debatte einbringen – mit dem Ziel, dass die Perspektive der unabhängigen Vermittlerinnen und Vermittler in die politischen und regulatorischen Entscheidungen einfließt.

Zur Studie: Das jährliche AfW-Vermittlerbarometer wurde in Kooperation mit den Fördermitgliedern des Verbandes bereits zum 17. Mal mittels einer Online-Umfrage im Oktober und November 2024 durchgeführt. Insgesamt 1.173 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beantworteten maximal 124 Fragen zu ihrer Tätigkeit, ihrem Einkommen, der Regulierung und anderen aktuellen Fragen. Rund neun von zehn Befragten (88,6 Prozent) haben eine Erlaubnis für die Versicherungsvermittlung (§34d GewO), davon beraten rund 84 Prozent im Maklerstatus. 59,1 Prozent der Befragten verfügen über die Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler/-in nach §34f GewO. Das durch das AfW-Vermittlerbarometer eruierte Stimmungsbild weist weit über den Verband hinaus, denn 62,4 Prozent der Befragten sind keine Mitglieder des AfW.

AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e. V.

AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. , gegründet 1992, vertritt über 2.100 Mitglieder und Mitgliedsunternehmen sowie rund 40.000 Versicherungs-, Investment- und Immobiliardarlehensvermittler. Er ist ein akkreditierter Gesprächspartner beim Deutschen Bundestag und dem Europäischen Parlament und setzt sich für die Interessen der unabhängigen Finanzberater ein.